Symposium Medienethik

29.02.2016

Nachbericht 2016

1. Symposium Medienethik

Das erste Symposium „Medienethik“ fand am 29. Februar 2016 an der FH St. Pölten statt.

Moralische Konsequenzen wirtschaftlicher und technologischer Disruptionen

Ethische Fragen in Zeiten disruptiver Medienentwicklungen
Neue Kanäle, wie etwa Social Media, verändert den Medienbegriff und die Frage nach dem Umgang mit Information. Grundlage für die Veränderung der Medienwelt ist eine sogenannte Disruption, also das Verdrängen alter durch neue Technologien.

Praktisch zeigt sich die medienethische Relevanz dessen etwa im Umgang mit vielfach verbreiteten und nachträglich gelöschten Falschmeldungen auf Facebook – jenseits der Welt der klassischen Medien mit ihren Kontrollmechanismen, Ethikräten und Richtigstellungen.

Das erste Forum Medienethik der Fachhochschule St. Pölten und des IMEC (Interdisciplinary Media Ethics Center der ÖAW) untersuchte, wie sich Medien auf diese neue Entwicklung einstellen können.

Die Keynote der Tagung hielt der Philosoph, Medienpädagoge und Medienethiker Matthias Rath, Leiter der Forschungsstelle Jugend - Medien - Bildung an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg zum Thema „The Innovator’s (Moral) Dilemma – zur Disruptionsresistenz der Medienethik". Rath beschrieb die philosophischen Aspekte von technologischen, wirtschaftlichen und medialen Disruptionen und deren Konsequenzen für die Medienethik als Ethik der mediatisierten Welt.

Rüdiger Landgraf, Programmdirektor von Kronehit Radio, ging auf aktuelle Entwicklungen der Kommunikation auf Facebook und der Berichterstattung rund um das Flüchtlingsthema und die Diskussionen dazu ein: das Erfinden und unhinterfragte Verbreiten von Falschmeldungen, sowie der Einfluss dieser Entwicklung auf die Berichterstattung in den klassischen Medien und Nachrichtensendungen.

Es stelle sich die Frage, was ein Medium im Sinne des Anwendens des Mediengesetzes sei. So könnten bei genügend großer Reichweite auch für Soziale Medien Regeln gelten, wie sie klassische Medien anzuwenden haben: Etwa eine kommentierte Richtigstellung bei Falschmeldungen anstatt des unkommentierten Löschens derselben.

Widersprüche balancieren
Wie man Widersprüche in der Medienwelt balancieren kann, erklärte Larissa Krainer, Medienethikerin und Professorin am Institut für Organisationsentwicklung, Gruppendynamik und Interventionsforschung an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und erste Sprecherin des IMEC (Interdisciplinary Media Ethics Center). Krainer beschrieb ein angewandtes Medienethik-Projekt im Rahmen eines Workshops mit der Kleinen Zeitung Kärnten, in dem Bewusstsein für moralische Problemfelder im täglichen journalistischen Betrieb geschaffen und Ethik als Prozess im Unternehmen verstanden wurde.

Über medienethische Herausforderungen rund um Disruptionsprozesse sprach Matthias Karmasin, Leiter des Instituts für vergleichende Medien- und Kommunikationsforschung an der österr. Akademie der Wissenschaften. Michael Litschka präsentierte medienethische Dimensionen beim Nutzen von Open Data.

Eine abschließende Podiumsdiskussion widmete sich der Verantwortung der MedienmacherInnen und Journalisten und Journalistinnen sowie dem Einbeziehen der Zivilgesellschaft in mediale Erstellungsprozesse.

Verdrängungsprozesse und ethische Problematiken
In der Medienökonomie spielen sich Verdrängungsprozesse ab, etwa wenn alte ökonomische Prinzipien nicht mehr funktionieren (s. Share-Economy) oder intensiv nach neuen Wertschöpfungs- und Erlösmodellen gesucht wird (s. Digital Business, E-Commerce). Viele dieser Prozesse haben mit Datenmengen und neuen Möglichkeiten der Datenbewirtschaftung zu tun („Big data“) und technologische Disruptionen ergeben womöglich neue ökonomische Modelle.

„Nicht immer wird bei diesen Diskussionen die Frage nach den ethischen Problematiken gestellt, die Disruptionen in der Medienlandschaft mit sich bringen können. Und es braucht eine interdisziplinäre Herangehensweise, um diese Problemfelder aufzudecken und zu analysieren“, sagt Michael Litschka, Leiter des Studiengangs Media Management an der FH St. Pölten und Organisator des Symposiums Medienethik, das diese Woche an der FH St. Pölten einen Beitrag zu dieser Analyse lieferte.